Collage mehrerer kostümierter Darsteller, in unterschiedlichen Szenen
Arthur Schnitzler

Das weite Land

Wir sind auf der Terrasse einer prachtvollen Villa in Baden um die Jahrhundertwende. Besitzer dieser Besitzung und der Mittelpunkt dieses Freundeskreises – oder besser: des Bekanntenkreises – ist das großindustrielle Ehepaar Friedrich und Genia Hofreiter.

Am Vormittag des Tages hat ein Begräbnis stattgefunden. Alexei Korsakow hat Selbstmord begangen aus unerfindlichen Gründen. Trotz des unerwarteten Trauerfalls scheint eine irrsinnige Ruhe von der Terrasse der Hofreiters auszugehen; eine Leichtigkeit, eine Unbeschwertheit, die es jedenfalls verständlich macht, warum sich so oft und so gerne Besuch ankündigt.

Da gibt es die nicht mehr ganz junge jedoch quietschfidele Frau Wahl und ihre Tochter Erna, der es nie einfallen würde, sich ein Blatt vor den Mund zu nehmen; die Burgschauspielerin Frau Meinhold und ihr Sohn Otto, der als Fähnrich in der Marine dient; es gibt den langjährigen Freund der Hofreiters, Herrn Doktor Mauer; Herrn Natter, den Bankier des Herrn Hofreiter, seine betont-weibliche Frau Adele und auch Herrn Paul Kreindl, den Tennisfanatiker.

Überhaupt wird viel Tennis gespielt. Der Alltag im Hause der Hofreiters besteht im Allgemeinen aus beschwingten Gesprächen, es wird gelegentlich philosophiert, viel Tee getrunken, noch mehr gelacht und gekichert; und all das eingebettet in rege Tennistourniere. Nichts und niemand kommt zu kurz, allen geht es gut.

Doch Schnitzler wäre nicht Schnitzler, täten sich in diesen mehr oder minder herzlichen Figuren nicht psychologische Abgründe auf, die dem oberflächlichen Bild der Gesellschaft gehörige Kratzer verpassten, sie regelrecht untergruben.

Wirft man nämlich einen Blick auf die unterschwellige Ebene, so entsteht ein gänzlich neues Bild: Die Hofreiters sind plötzlich ein mitten in der Mid-Life-Crisis steckender Friedrich, der seine Affären wie seine Unterhosen wechselt, und eine Genia, die ihre Kränkung darüber jedes Mal aufs Neue hinunterschluckt. Die junge Erna offenbart sich auf einmal als pubertierendes Mädchen, das sich perfekt als nächstes Techtelmechtel für Friedrich eignet und Otto zeigt sich als passendes Instrument für Genia, um ihrem Ehegatten auf schräge und doch verständliche Weise ihre unerschöpfliche Liebe zu beweisen.

Und zunehmend verschwimmt die gesellschaftstaugliche, oberflächliche Welt mit der psychologischen. Die Ebenen verschieben sich auf unkontrollierbare Weise bis diejenigen, die diesem ungeheueren Spiel zu entgehen versuchen, leer ausgehen und ein Unschuldiger seine naive Vorstellung von Liebe schließlich mit dem Leben bezahlt.

Schnitzler entwirft ein präzises Portrait einer Gesellschaft, in dem sich jeder/jede sicherlich bis zu einem gewissen Grad wird wiederfinden können; egal ob heute oder damals. Und die Terrasse im Hause der Hofreiters wird zu einem herrlichen Umkehrbild, welches sich, neigt man den Kopf ein wenig zur Seite, als schreckliche, zwischenmenschliche Kriegsbühne enthüllt.

Besetzung

Friedrich Hofreiter, Fabrikant Christoph Radakovits
Genia, Friedrich Hofreiters Frau Cornelia Winkler
Anna Meinhold-Aigner, Schauspielerin Astrid Gorfer
Otto, Sohn von Anna Meinhold-Aigner, Marine-Fähnrich Dan Nikolaevskij
Benni Wimmer
Doktor von Aigner, der geschiedene Gatte der Frau Meinhold Korbinian Groll
Frau Wahl Anna Kircher
Gustav, Sohn von Frau Wahl Claudia Reissner
Astrid Gorfer
Erna, Tochter von Frau Wahl Alexandra Hauer
Natter, Bankier Philipp Sternbach
Adele, Frau von Herrn Natter Jana Gurinova
Doktor Franz Mauer, Arzt Mehmet Sözer
Demeter Stanzides, Husarenleutnant Korbinian Groll
Paul Kreindl Benni Wimmer
Claudia Reissner
Albertus Rhon, Schriftsteller Philipp Sternbach
Serknitz Nadja Weinberger
Doktor Meyer Nadja Weinberger
Ein Tourist Nadja Weinberger
Rosenstock, Portier im Hotel am Völser Weiher Dan Nikolaevskij
Inspizienz Sylvia Winkler
Kostüme Cornelia Winkler
Sylvia Winkler
Regie Cornelia Winkler
Regieassistenz Mehmet Sözer
Souffleur Tobias Klaghofer
Technische Leitung Benedikt Kittinger
Technik Nuria Vallaster
Philipp Winkler